Sind Diversity-Konzepte (Vielfalt) in der Stadtverwaltung verankert?

Anfrage von SPD, Grünen und FDP zur Sitzung des Haupt-, Finanz- und Beteiligungsausschuss am 23.04.2015.

15.04.15 –

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

wie die meisten Städte in Nordrhein-Westfalen, ist auch Remscheid in zunehmendem Maße vom demographischen Wandel betroffen. Unsere Stadt wird älter, kleiner und bunter. Daraus erwachsen neue Anforderungen an die Personalgewinnung und Personalentwicklung der Stadtverwaltung Remscheid und ihrer Töchter. Denn im Wettbewerb um die besten Köpfe gilt es, eine attraktive Stadtverwaltung für die unterschiedlichen Zielgruppen zu entwickeln. Dies gelingt in einem Klima am besten, das geprägt ist von einer glaubwürdigen Willkommens-, Anerkennungs- und Gleichstellungskultur. Im Sinne eines Diversity-Ansatzes muss sich Verwaltung öffnen für die unterschiedlichsten Lebensentwürfe und ein Klima des Respekts für Vielfalt schaffen.

Diversity ist Vielfalt im Sinne aller gesellschaftlichen und kulturellen Unterschiedlichkeiten. Laut Antidiskriminierungsgesetz (AGG) gelten folgende personenbezogene Merkmale.

  • ethnische Herkunft,
  • Geschlecht
  • Religion und Weltanschauung,
  • Behinderung
  • Alter (jedes Lebensalter)
  • sexuelle Identität (LSBTTI[1])

Sichtbar wurde ein Ansatz, der diese Gruppen in den Blick nimmt innerhalb der Stadtverwaltung Remscheids noch nicht. Das Themenfeld der sexuellen Identität (LSBTTI) wurde bislang z.B. gar nicht betrachtet. Benachteiligte Gruppen wie Migrantinnen und Migranten, Menschen mit Behinderung oder Frauen finden sich nach vor nur zu einem geringen Anteil – wenn überhaupt – in Führungspositionen. Führungspersönlichkeiten sind in der Regel männlich und haben keinen Migrationshintergrund. Nicht besser sieht es bei den städtischen Töchtern aus. Gerade vor dem Hintergrund der interkulturellen Öffnung der Verwaltung als einem Ziel des Integrationskonzeptes und dem von der Bundesregierung vorangetriebenen Wunsch, mehr Frauen in Führungspositionen sehen zu wollen, wäre es an der Zeit, hier gegenzusteuern.

Moderne Diversitätspolitik, wie sie in einigen Kommunen und Unternehmen bereits befolgt wird, hat einem ressourcen- und zielübergreifenden Ansatz: Sie betrachtet die Vielfalt der kommunalen Gesellschaft als gesellschaftliche und wirtschaftliche Chance. Diversity fördert Individualität und eine offene Geisteshaltung gegenüber Vielfalt

Ein Diversity-Ansatz trägt dazu bei Barrieren und Diskriminierung abzubauen. Aus Sicht der Kommune gibt es vor allem zwei mögliche Handlungsebenen. Diversity in der kommunalen Zivilgesellschaft, sowie Diversity in Stadtverwaltung (Personal). Um die Akzeptanz von Vielfalt in der kommunalen Gesellschaft zu verankern, bedarf es in erster Linie Aufklärung und positive Beispiele. Bezüglich der Handlungsebene Stadtverwaltung und städtische Beteiligungen (Personal) gibt es konkretere Gestaltungsmöglichkeiten. Ein „Diversity-Management“ (Personalentwicklungsansatz) kann Diversität innerhalb der kommunalen Belegschaft implementieren. Aufgrund einer vielfältigeren Stadtverwaltung, entsteht durch ein Diversity-Management höhere Kund*innen-Zufriedenheit und eine Attraktivitätssteigerung der Kommune als Wirtschaftsstandort.

Der Bereich Jugendhilfe hat die gesellschaftliche Bedeutsamkeit von Diversity bereits verinnerlicht. Bei dem Bergischen Fachgespräch „Sexuelle Orientierung und Homophobie in der Jugendarbeit“ wurde am 28. August 2014 die Lebenssituation junger Lesben, Schwuler und Bisexueller in den Blick genommen.

Bezüglich einer möglichen Verankerung von Diversity in der Stadtverwaltung, stellen sich unseren Fraktionen/Gruppen folgende Fragen, um deren Beantwortung wir bitten.

  1. Wird in der Stadtverwaltung über ein Diversity-Konzept nachgedacht?
  2. In welcher Form ist eine Kooperation zum Thema Diversity zwischen dem Fachbereich Gleichstellung von Mann und Frau, dem Kommunalen Integrationszentrum und dem Behindertenbeirat vorstellbar?
  3. Welcher Fach- oder Zentralbereich kann das Thema Diversity federführend koordinieren und leiten?
  4. Welche Maßnahmen plant die Verwaltung zur Verankerung von Diversity und der Förderung von Zusammenhalt und Respekt vor der Verschiedenheit in der kommunalen Zivilgesellschaft?
  5. Wird bei Bewerbungsverfahren versucht, über die Anwendung von Din-Normen (DIN 33430[2]) oder z.B. anonymisierte Bewerbungen für Auszubildende Diskriminierungen u.a. von Frauen, Menschen mit Behinderungen, älteren Bewerber*innen, Menschen mit Migrationshintergrund zu vermeiden?
  6. Hat die Stadtverwaltung ein strategisches Personalentwicklungsziel, was die Verschiedenheiten, die auch in der Stadtgesellschaft sichtbar werden, berücksichtigt? Wenn ja, bitte erläutern.
  7. In welcher Form ist die Implementierung eines Diversity-Managements umsetzbar? Wäre es als ersten Schritt möglich einen Runden Tisch „Diversity“, bestehend aus Verwaltung und städtischen Beteiligungen ins Leben zu rufen?

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

gez.                                        gez.                                        gez.

Sven Wolf                              Beatrice Schlieper               Wolf Lüttinger

 

[1] Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender und Intersexuelle, s. http://www.mgepa.nrw.de/emanzipation/LSBTTI/index.php, (Stand: 01.04.2015).

[2] Die DIN-Norm DIN 33430 beschreibt „Anforderungen an Verfahren und deren Einsatz bei berufsbezogenen Eignungsbeurteilungen“, s. http://www.zpid.de/redact/category.php?cat=540, (Stand: 10.04.2015).

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